Krisenland Ungarn

Dezember 2011

Ich bin kein großer Freund von Politik. Aber ich bin Humanist … und Gerechtigkeit ist mir sehr wichtig. Aus diesem Grund möchte ich auf einen extremen Missstand hinweisen, der mitten in Europa … genau vor unserer Haustür … passiert. Obwohl dieser Missstand extreme Formen annimmt und eventuell ein neuer Eiserner Vorhang entsteht, wird in den deutschen Medien viel zu wenig darüber berichtet.


 

Ein Mann auf Abwegen
Victor Orbans Streben zu Macht und Krone
Es geht um das kleine Land Ungarn. Hier wird in den Medien noch weniger darüber berichtet. Denn die Medien (Zeitung, Radio, TV) unterliegen seit Anfang des Jahres 2011 der Zensur. Ungarns Präsident Victor Orban versucht mit aller Gewalt das gesamte Land einzunehmen, auszubeuten und sich Ungarns Krone auf den Kopf zu setzen.
Bis vor einigen Jahren ging es der ungarischen Bevölkerung relativ gut. Unter der Regierung von Orban wurde es aber zusehends schlechter … und ein Supergau bahnt sich an.

Viktor Orban erhöht die Steuern. Dieses Geld fließt aber nicht wie üblich in soziale Projekte, Straßenbau etc. und es wurde auch nicht zur Tilgung der Staatsschulden verwendet, sondern er sammelt für sich Vermögen und Reichtum.

Der Bürgermeister von Sárazsadány verkaufte für 2 Forint / qm (zur Info: ca. 270 bis 300 Forint entsprechen 1 Euro) große Teile des Stadteigenen Tokaja Weinberges an Orbans Frau. Soweit ist das nicht weiter verwerflich. Es war ein gutes „Schnäppchen“. Nachdenklich sollte jedoch machen, dass Frau Orban 50 Mio Forint öffentliche Gelder zur Pflanzung neuer Reben erhielt, zwischen 1998 und 2002 mehrere Millionen Steuergelder zur Unterstützung dieses Geländes gezahlt und eine neue Straße zum Orban Weinberg gebaut wurde.
Dies ist nur ein Beispiel von Victor Orbans Machenschaften.


 

Tokaj-Weinberg (c) nol.hu

Orbans aktuelle Idee: Streichung des Erziehungsgeldes, Verstaatlichung der Rentenkassen und die Einführung einer Wohnimmobiliensteuer. Wer die Immobiliensteuer nicht zahlen kann, fliegt aus seinem eigenen Haus raus und sitzt auf der Straße. Dabei darf er sich allerdings nicht erwischen lassen, denn Obdachlose sollen mit umgerechnet 600,- Euro Strafe belegt werden. Wer die nicht zahlen kann wandert ins Gefängnis.

Politische Gegenspieler werden regelrecht ausgeblutet. Diese Erfahrung musste auch die parteilose Bürgermeisterin Éva Tétényi von Esztergom machen. Sie ist keine Fidesz Anhängerin … und somit auch nicht auf Orbans Seite. Die Konsequenz: Der Stadt Esztergom wurden alle Mittel gestrichen. Das öffentliche Leben brach zusammen. Es gab keine Müllabfuhr mehr, der Personennahverkehr musste eingestellt werden etc. etc. Aber Éva Tétényi kämpft weiter.


 

Tétényi Éva (c) dehir.hu

Um möglichst wenig Widerstand zu erwarten, hat Orban die Zensur der Medien eingeführt. In den Ungarischen Medien ist zu lesen oder hören, wenn in Miskolc ein Radfahrer überfahren wird oder sich auf dem Autobahnring um Budapest ein Unfall ereignet hat. Aber innenpolitisch ist absolut nichts mehr zu erfahren. Schon gar nichts, was Orban und der Fidesz (Orban pro politische Partei) schaden könnte.
Dem letzten unabhängigen Radiosender Ungarns, Klubradio, ist jetzt die Frequenz entzogen.


 

Präsident Orban (r.) rüstet sich. Ein großer Zaun wird rings um das Parlament aufgestellt.

Immer mehr Journalisten sehen sich unter Druck gesetzt. Demokratie und Freiheit werden systematisch abgeschafft. Ehemalige Journalisten berichten von Manipulationen, Einschüchterungen, Drohungen und Missachtung journalistischer Freiheiten.

Ist das menschlich?
Der Vizepräsident der neu zu gründenden "Union der unabhängigen Fernseh- u. Filmemacher" (TFSZ) Nagy Navarro Balázs trat aus Protest gegen diese Zensur öffentlich in den Hungerstreik. Orban gab Anweisung, diesen Hungerstreik mit lärmender Musik einer Blaskapelle und blendendem Scheinwerferlicht zu boykottieren. Andere Journalisten, die sich dem Hungerstreik anschlossen, bekamen als Antwort auf ihren Streik... (siehe Foto!)


 

Bejgli (c) hircsarda.blog.hu

Um ein Beispiel seiner Medienpolitik zu zeigen… Am 23.12.11 gab es in Ungarn mehrere große Demonstrationen gegen seine Politik, gegen die Medienzensur und gegen seine diktatorischen Ambitionen (die demokratische Freiheit wird von ihm untergraben). Bei einer dieser Demonstrationen wurde sein politischer Gegenspieler verhaftet. Als Orban den Befehl zur Verhaftung erteilte soll er hämisch gelacht haben. Im Fernsehen durfte fast nichts von der Demonstration gezeigt werden. Nur die Verhaftung wurde groß ausgeschlachtet.

Während ich diese Zeilen schreibe spitzen sich die Ereignisse in Ungarn zu. Orban hat erklärt, dass die Demokratie in Ungarn abgeschafft wird. Die wenigen Reichen (dazu zählt auch er) erhalten eine drastische Steuervergünstigung. Im Gegenzug wird das Arbeitslosengeld (gibt es in Ungarn ohnehin nur für 6 Monate) drastisch gekürzt. Die Sozialhilfe pro Haushalt (unabhängig davon, wie viele Personen im Haushalt leben) soll von zurzeit 28.000,- ft auf 19.000 ft gekürzt werden. (19.000 ft entsprechen ca. 68,- Euro!)

Aktuell sind in Ungarn große Demonstrationen. Zehntausende sind allein in Budapest auf der Straße. Die Demonstrationen richten sich gegen die neue Gesetzgebung. Aber in erster Linie wird für die demokratische Freiheit gekämpft.

Das Problem ist, in Ungarn ist das Internet bis auf die paar Großstädte kaum verbreitet. Ein großer Teil der Bevölkerung hat keinerlei Kenntnis von Orbans Machenschaften und seiner Politik. Aus den ungarischen Medien ist fast nichts zu erfahren…

Peter v. Krusenstern
Ende Dezember 2011
weltfriedensfahne.de


 

Demo in Budapest (c) pesterlloyd.net



Weiterführende Links:

http://www.pesterlloyd.net/2011_51/51demos23/51demos23.html
http://www.pesterlloyd.net/2011_51/52demoMTVA/52demomtva.html
http://www.tagesschau.de/ausland/ungarn276.html
http://www.balaton-zeitung.info/nachrichten/zehntausende-demonstranten-in-budapest.html
http://thecontrarianhungarian.wordpress.com/2011/09/28/trade-union-demonstrations-in-budapest-d-day/
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,793453,00.html
http://www.salzburg.com/online/nachrichten/weltpolitik
http://www.budapester.hu/index.php?option=com_content&task=view&id=12028&Itemid=30
http://takethesquare.net/2011/10/24/the-system-is-disliked
http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=9055288/1xr2056/index.html