Grönland

Grönland
Ort: Tasiilaq
Bildteil 54  


Ost-Grönland – Friedensbote im Qajaq

Nunarput, utoqqarsuanngoravit niaqqut ulissimavoq qiinik.
Qitornatit kissumiaannarpatit tunillugit sineriavit piinik.
(Unser Land, du bist so alt geworden, dein Haupt ist bedeckt mit weißem Haar.
Deine Kinder hältst du in deinen Armen und schenkst ihnen den Reichtum deiner Küsten.)Der Beginn der grönländischen Nationalhymne erzählt vom (Nahrungs-)Reichtum eines Landes, mit dessen Namen die meisten Menschen nur Eis, Schnee und Kälte assoziieren.
Kalaallit Nunaat – Land der Grönländer – nennen die Einwohner stolz ihr Land.

Grönland! Die größte Insel der Welt erstreckt sich über 3000 Kilometer von Norden nach Süden und über 1500 Kilometer von Osten nach Westen. Der größte Teil davon ist tatsächlich mit Eis und Schnee bedeckt, lediglich die Küstenregionen, besonders im Süden und Westen, sind wenige Wochen im Sommer grün. Diese Tatsache nutzte der Wikinger Erik der Rote werbewirksam, als er die Insel Grünland taufte, um von Island her Siedler anzulocken.

Besiedelt ist die Insel heute von etwa 56.000 Einwohnern, überwiegend Inuit (=Menschen). An der gesamten Ostküste leben davon nur 3500 Menschen, zum größten Teil im Distrikt Ammassalik mit der Haupt“stadt“ Tasiilaq. Hier reicht das gewaltige Inlandeis bis in die Fjorde hinab. Die Küstengebirge ragen bis zu 3700 m aus dem Meer empor. Die meisten Gipfel dieser imposanten Urlandschaft sind bislang unbestiegen. Ackerbau und Viehzucht sind an der Ostküste unmöglich, wo der Birkenpilz die Birke an Größe überragt. Die Jagd bildete Jahrhunderte lang die Lebensgrundlage für die Menschen. Gejagt wird wie ehemals von kleinen Booten und Qajaqs aus, was für die tägliche Ernährung nötig ist. Die Robbe ist ihnen Kartoffel, Brot und Fleisch, sie liefert Kleidung, Baumaterial und Werkzeug. Heute wird sie zum Teil ersetzt durch den Supermarkt, was enorme soziale und kulturelle Probleme mit sich bringt.


 

Hier ist kein Ort mit einem anderen per Straße verbunden; der Verkehr erfolgt mit Hundeschlitten, Boot und heute auch Hubschrauber. Auf ganz traditionelle Weise, im Qajaq, durfte ich in diesem Sommer Ostgrönland kennen lernen.


Es ist ein großartiges Erlebnis, zwischen gewaltigen Eisbergen zu paddeln, die knistern, knallen und wie Gewitter donnern, auf Berge und das schier endlose Inlandeis zu steigen, unter Wasserfällen zu duschen, an karibisch anmutenden Stränden zu zelten und Pilze, Beeren und Salatblumen zum Abendessen zu sammeln.


 

Vor einem Giganten

Eine intensive Vorbereitung dieser Reise ließ mich Land und Leute mehr als nur oberflächlich erleben. Der Kontakt zu den Inuit war mit wenigen Grönländischkenntnissen leicht hergestellt und äußerst interessant und aufschlussreich, offen und fröhlich!
Ich habe mich sehr gefreut, dieser Reise einen weiteren Sinn geben zu können: als Botschafterin für den Weltfrieden bei einem Volk, das selbst bislang niemals Krieg führte.

Ich habe nicht lange darüber nachdenken müssen, wohin ich das mir anvertraute Bildteil bringen möchte. Natürlich war es verlockend, es einem Eisbären um den Hals zu hängen oder es an einen riesigen Eisberg zu binden, der es auf große Fahrt mitnimmt. Doch stand für mich sofort fest, dass es in Ostgrönland keinen besseren Platz für dieses Friedenssymbol gibt als „Das Rote Haus“ in Tasiilaq!

Der Südtiroler Robert Peroni, bekannt durch seine Expeditionen (u.a. Durchquerung des grönländischen Inlandeises zu Fuß und ohne Hunde an der breitesten Stelle, was als unmöglich galt), hat mit diesem Roten Haus eine einzigartige Anlaufstelle für Einheimische und Besucher geschaffen. Sein Hauptanliegen ist es, den ostgrönländischen Inuit zu helfen, mit den Einflüssen europäischer Zivilisation auf ihre traditionelle Lebensweise zurechtzukommen.


 

The Red House in Tasiilaq

Obdach- und Arbeitslosigkeit, Alkoholismus, Wertekonflikte und als Folge eine hohe Suizidrate versucht er zu reduzieren, um besonders jungen Menschen eine sinnvolle Zukunft ermöglichen zu können. Hierzu hat er eine Sozialstation eingerichtet, in der vor allem gefährdete Jugendliche mit Unterkunft, Kleidung und Nahrung versorgt werden, wo sie Familienersatz finden und die Chance auf eine Ausbildung. Um ihnen auch Arbeit geben zu können, hat Robert Peroni mit einem grönländischen Partner das Projekt „Tuning“ aufgebaut, das einzige Tourismusunternehmen, in dem (fast) nur Einheimische arbeiten.

Massentourismus soll verhindert werden; statt dessen wird der Tourismus den örtlichen Gegebenheiten angepasst, so dass die grönländische Identität des Ortes und der Menschen erhalten bleibt. Besucher können im Roten Haus einheimische Führer engagieren, die wertvollsten Informationen erhalten für ihren Aufenthalt in Grönland oder ihre Expedition und ihre Ausrüstung komplettieren. Sie können übernachten im Haus, im Zelt oder bei einheimischen Familien, um an deren täglichem Leben teilzuhaben, oder mit Fängern auf die Jagd gehen. Traditionelle Gerichte werden von Inuit zubereitet und gereicht.


 

The Red House Sign

Diese Begegnungsstätte der Kulturen gefällt mir für mein Stückchen Weltfrieden außerordentlich gut!

Nachdem das Puzzleteil mit mir zwischen Eisbergen und über Felsgipfel gereist ist, nachdem es auf dem Inlandeis war und am Sandstrand des Sermilik, darf es nun im Roten Haus hängen, am Anschlagbrett zwischen Wetterbericht und allerhand Informationen. Eine kleine Mappe mit den wichtigsten Informationen zum Kunstprojekt habe ich ebenfalls im Haus gelassen, da wohl kaum jemand in dieser Gegend Zugang zum Internet haben dürfte.

Herzlichen Dank, Robert, für den wundervollen Abend und weiterhin viel Erfolg für deine Arbeit!

Die grönländische Nationalhymne endet mit den Worten:Taqilluni naami atunngiveqaaq, kallaalit siumut makigitsi.
Inuttut inuuneq pigiuminaqaaq, saperasi isumaqaleritsi.
(Seid nicht schüchtern, Grönländer, richtet euch selbstbewusst auf.
Euer Leben als Inuit ist euer gutes Recht, steht fest zu eurer eigenen Meinung.) Möge Grönland weiterhin ein Land des Friedens bleiben!
Zum Projekt „Rotes Haus“ gibt es weitere Informationen unter
www.east-greenland.com

August 2007
Sylvia Hübinger



 

Das Bildteil hängt am Anschlagbrett

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Das Projekt ist beendet, wenn in jedem Land eine symbolische Friedensbotschaft abgelegt wurde.   Die Friedensbotschaft Nr. 54 im Gesamtbild  


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