Seychellen

Seychellen
Ort: Victoria
Bildteil 30  




Das ist die Tower Clock von Viktoria (Hauptplatz), der kleinen Hauptstadt auf Mahé (Hauptinsel der Seychellen). Nach langen Jahren französischer Herrschaft, haben zuletzt die Engländer ihre Spuren hinterlassen. Z.B. herrscht Linksverkehr. Leider zog da schon die Schlechtwetterfront heran.



Das Paradies ist nirgendwo

Vor etwa einer Stunde habe ich mich über sie lustig gemacht: die Pauschal-All Inclusive-Reisenden. Sie haben schon vor Antritt der Kreuzfahrt die Ausflüge mitgebucht. Ihre Busse stehen bereits am Kay bereit, wenn das Schiff anlegt, und sie folgen wie die Lemminge brav ihrem Führer oder ihrer Führerin im gelben T-shirt. Heute gab es für alle blaue Regenumhänge, die die meisten auch sofort überzogen und darin aussahen, wie zu groß geratene Schulkinder in schlecht sitzender Uniform. Es machte Spass über sie zu lästern.

Der Spass ist mir jetzt vergangen. Denn was zunächst wie ein Nebelschleier über den Bergen von Victoria auf Mahé, der Inselhauptstadt der Seychellen, aussah, ergiesst sich seit einer halben Stunde wie aus Kübeln über der Stadt. Zunächst hat der Boden gedampft. Jetzt sind die Temperaturen schätzungsweise von 32 auf 25 Grad gefallen bei gefühlter 90 % Luftfeuchtigkeit. Dazu peitscht der Wind die vertrockneten Palmblätter von den Bäumen, und wenn dich so ein Wedel trifft, schneidet er wie ein Messer auf der Haut.

Wir waren fröhlich zu Fuss aufgebrochen und wollten wie gewöhnlich mit den einheimischen Beförderungsmitteln die Insel erkunden. Bei der nächsten kleinen Mall hatten wir Unterschlupf gesucht, als der Tropenregen begann. Wir nutzen die Gelegenheit uns in den kleinen Geschäften umzusehen, was sie denn so zu bieten hätten. Es gab nichts Aufregendes, ausser meiner Freude über ein Päckchen französischer Likör-Bonbons, die ich das letzte Mal vor 20 Jahren genascht hatte. Wie seltsam, auf der Strasse herrscht Linksverkehr (ein Überbleibsel der Engländer), aber die Leute sprechen neben kreolisch französisch, und die meisten Artikel sind auch französischer Herkunft. Wir fanden noch nicht einmal Ansichtskarten. Mit dem Schreiben hätten wir uns schneller die Zeit vertreiben können.

So blieb uns nichts weiter übrig als zu warten und die Leute zu beobachten, wie sie zur Seite hüpfend versuchten, den immer grösser werdenden Pfützen auszuweichen und den spritzenden Autos. Aber nach einer halben Stunde glichen die Strassen bräunlich-roten Schlammbächen. Schon auf Mauritius war mir aufgefallen, dass die Erde viel röter ist als bei uns (ähnlich wie in Australien). Es waren nur noch Wenige zu Fuss unterwegs und wenn, dann hatten sie die Hosen hochgekrempelt und die Schuhe in der Hand, wenn sie nicht sowieso Flip-Flops aus Gummi trugen.

Vor mein geistiges Auge schoben sich immer intensiver die Bilder mit den Bilderbuchstränden der Seychellen: weisser, feiner Sand, türkis-blaues Meer und sanft geschwungene Palmen. Die Menschen neben mir, die wie wir Schutz gesucht hatten und mit uns jetzt dicht gedrängt wie die Hühner auf der Stange auf der schmalen Bank sassen, rochen nach süssen Parfüms und altem Schweiss. Sie sahen nicht unglücklich aus und erklärten auch bereitwillig, dass so ein langanhaltender Regen (wir warteten jetzt schon 1 ½ Stunden) ungewöhnlich sei. Morgen schiene bestimmt wieder die Sonne.

Nach einer weiteren Stunde krempelten auch wir die Hosen hoch, nahmen die Schuhe in die Hand und liefen so schnell wir konnten zu unserem schwimmenden Hotelzimmer. Nass bis auf die Haut freuten wir uns auf eine warme Dusche.

Es regnete die ganze Nacht, und als wir am anderen Tag – es hatte endlich aufgehört – erneut aufbrachen, hatten wir jeder einen blauen Regenumhang im Rucksack. In teilweise halsbrecherischer Fahrt, mit unendlichem Glauben in ihre alten Gefährte, chauffierten uns die Busfahrer, die gleichzeitig auch Ticketaus- und Geld Ein- und Ausgeber sind, über die Insel.

Neben bizarren Bergformationen, dem einen oder anderen hübschen, typischen, kreolischen Haus und der verschwenderischen Fülle von Blumen, Büschen und Bäumen, die zum Teil ihre überreifen Früchte auf die Strasse verteilten, erschienen uns die gesuchten Traumstrände mangels Sonne mit nichten spektakulär. Was mich zu dem Ausspruch verleitete: das Paradies ist nirgendwo. Es könnte in Offenbach sein, wenn ich in meinem kleinen Garten einen Mango- und Feigenbaum, ein paar Zitrusfrüchte und rosa, rote und lila Bougainvilleas unter freiem Himmel wachsen lassen könnte.

Cc Ingrid Metz-Neun
Januar 2008


Das Projekt ist beendet, wenn in jedem Land eine symbolische Friedensbotschaft abgelegt wurde.   Die Friedensbotschaft Nr. 30 im Gesamtbild  


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